Maskenpflicht im Fitnessstudio: Ist Sport mit Mundschutz gefährlich?

Fitnessstudiomitglieder können aufatmen – allerdings nur unter der Schutzmaske, wenn voraussichtlich Anfang Juni die Gyms in vielen Bundesländern wieder öffnen dürfen.

Im öffentlichen Nahverkehr, beim Einkauf oder Arzt hat man sich mittlerweile an die Maskenpflicht gewöhnt. Doch wie verhält es sich beim Sport?

Ist es überhaupt gesund beziehungsweise unbedenklich, mit dem Stoff- oder Plastikschutz auf Mund und Nase Sport zu treiben?

Der Sportwissenschaftler Dr. Dr. Michael Despeghel hat es für das Gesundheitsportal medizinmaenner.de mit verschiedenen Masken genau untersucht und im FIT FOR FUN-Interview erklärt, worauf Sportler künftig achten sollten.

FIT FOR FUN: Dr. Dr. Despeghel, Schutzmasken gehören im Kampf gegen die Corona-Pandemie zum Alltag dazu. Beim Arztbesuch oder Einkaufen, selbst beim Friseur, gewöht man sich langsam daran. Doch wie sieht es beim Sport aus? Kann man überhaupt mit einer Maske trainieren?

Dr. Dr. Michael Despeghel: Hier muss man natürlich zunächst einmal dankbar sein, dass überhaupt ein Training in geschlossenen Räumen ab dem 1. Juni scheinbar wieder stattfinden darf.

Eine Maske beim Training zu tragen ist sicherlich zunächst eine Umstellung – nicht nur mental, sondern auch für den Körper.

Umso wichtiger ist es, auf seinen Körper zu hören und eine Maske zu wählen, die auch ein komfortables Atmen zulässt. Das tun die Masken, wie wir sie bisher kennen, leider nicht so gut.

Deswegen haben mein Team und ich auch eine Maske speziell für das Fitnesstraining entwickelt.

Aber auf der FIBO hat man im vergangenen Jahr doch schon vermehrt Athleten mit Masken gesehen, die das Höhentraining simulieren sollen. Training mit Maske scheint also auch ein Trend zu sein?Dr. Dr. Despeghel: Bei Sauerstoffmangel im Blut bildet die Niere vermehrt Erythropoetin und als Folge auch mehr Hämoglobin und rote Blutkörperchen – das wiederum verbessert den Sauerstofftransport.

Diese Anpassungen wollen sich Sportler beim Höhentraining zunutze machen.

Allerdings heißt das nicht automatisch, wenn das Atmen durch einen Maske erschwert wird, dass auch zwingend die Anpassungen eines Höhentrainings erreicht werden können.

Die Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen verschiedener Untersuchungen, die nach einem sechswöchigen Training mit der Maske keine Veränderungen bei der Hämoglobin-Konzentration feststellen konnte.

Dafür änderten sich Indikatoren, die auf eine verbesserte Funktion der Atemmuskulatur hinweisen.

So konnte zum Beispiel der VO2-max-Wert [Anm. d. R.: Wert für die maximale Sauerstoffaufnahme, die man während der Belastung aufnehmen und verwerten kann.

Der Wert zeigt an, wie gut die Ausdauerleistung einer Person ist.] verbessert werden, der mit Ausdauerleistung assoziiert wird. Die Effekte des Höhentrainings kann die Maske anscheinend aber nicht nachahmen.

Die Trainingsmaksen für das Höhentraining schützen allerdings nicht vor dem Coronavirus, oder?

Dr. Dr. Despeghel: Theoretisch schon, also nicht für den Träger selbst, aber für den Kontakt mit seine Mitmenschen, da ja auch hier ein Mund-Nasen-Schutz vorliegt.

Aber diese Masken haben keinen hohen Tragekomfort, sind deutlich teurer und auch eigentlich nicht dafür gedacht.

Sie haben untersucht, wie unterschiedliche Schutzmasken, die künftig auch im Fitnessstudios getragen werden müssen, die Sauerstoffsättigung auf dem Laufband beeinflussen. Welches Material ist hier am ehesten zu empfehlen?

Dr. Dr. Despeghel: Hier ist ein Gemisch aus Nylon und Elastan ganz klar der Stoff der Wahl. Das sind diese Stoffe, die wir auch von Badeanzügen oder Sport-Shirts kennen. Die haben eben auch die Eigenschaften, super schnell zu trocknen.

Denn der nächste Punkt ist, dass die normalen Einmalmasken oder auch die selbstgenähten Baumwollmasken gerade bei Anstrengung stark durchfeuchten – das schafft wiederum Boden für Bakterien und Vieren. Damit wird eine Bamwoll- oder Plastikmaske hier eher zur Virenschleuder.

Die einzigen Masken, die den Kontakt und den Träger selbst schützen, sind die medizinischen FFP2-Masken. Damit ist es tatsächlich aber eher gefährlich, ins Training zu gehen, weil diese Maske deutlich weniger Sauerstoff durchlässt und die Sauerstoffsätigung im Blut gefährlich absinkt.

Diese speziellen Schutzmasken sind zum Beispiel auch nicht dafür gedacht, über mehrere Stunden getragen zu werden.

Was genau passiert, wenn die Sauerstoffsättigung wegen der Maske nachlässt? Ab wann wird es gefährlich?Dr. Dr. Despeghel: Die Sauerstoffsättigung gibt die Beladung des roten Blutfarbstoffes (Hämoglobin) mit Sauerstoff an. Verschiedene Faktoren können die Sauerstoffsättigung beeinflussen, zum Beispiel der Säuregrad (pH-Wert) des Blutes und die CO2-Konzentration.

Die Sauerstoffsättigung des Blutes liegt im Normalbereich zwischen 94 bis 98 Prozent. Bei einem geringeren Wert spricht man von Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxämie). Das kann sich durch Schwächegefühl, Schwindel und allgemeines Unwohlsein bemerkbar machen.

Unter der medizinischen FFP2-Maske hatten wir in unserem Sporttest einen Sauerstoffabfall von sieben Prozent – das ist bedenklich viel – und fünf Prozent unter der normalen Einmal- beziehungsweise Baumwollmaske. Selbst das ist schon kritisch.

Die Sportmaske, die wir speziell für das Training entwickelt haben, sorgte demgegenüber für einen Sauerstoffabfall von nur zwei Prozent.

Welche Personen sollten lieber komplett auf das Training mit Maske im Fitnessstudio verzichten?

Dr. Dr. Despeghel: Menschen die an einer Lungenkrankheit leiden, wie zum Beispiel COPD. Auch Asthmatiker sollten auf ein Training mit Maske verzichten.

Ist moderates Krafttraining, etwa Hypertrophie-Training mit Erholungspausen, unter einer Maske eher zu empfehlen als ein Cardio-Training?

Dr. Dr. Despeghel: Mit einer Maske, die genügend Gasaustausch zulässt, sind beide Trainingsformen mit Maske möglich.

Auf dem Weg des Blutes durch den Körper werden alle Zellen mit Sauerstoff – und andern wichtigen Nährstoffen – versorgt. Das wird als „innere Atmung“ bezeichnet.

Bis das Blut zurück zur Lunge gelangt, ändert es seine Zusammensetzung, das Blut ist sauerstoffärmer und angereichert mit Kohlendioxid, als wichtiges „Abfallprodukt“ des Stoffwechsels.

Das Kohlendioxid wird beim Ausatmen aus dem Körper „entsorgt“.

Die meisten Leute werden vermutlich auch lieber weiterhin alleine draußen ohne Maske joggen. Fitnesskurse werden wohl vorerst nicht stattfindet. Das Krafttraining steht vermutlich im Fokus, wenn Leute künftig ins Gym gehen, oder? Aufwärmen auf dem Laufband und dann an die Geräte mit Maske wäre aber vertretbar?

Dr. Dr. Despeghel: Mit der „Oxygym Mask“, die wir speziell für das Training entwickelt haben, ist Sport im Fitnesscenter auch mit Maske gut durchführbar. Hier sind alle Trainingsformen denkbar.

Entscheidend wird sein, zu beobachten, ob man sich während des Trainings wohlfühlt und keine diakomfortablen Gefühle durch das Tragen einer Maske entstehen.

Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang hochintensives Intervalltraining (HIIT): Sind Maximalbelastungen mit Einschränkungen der Sauerstoffversorgung überhaupt möglich? Dr. Dr. Despeghel: Wenn man eine Baumwoll- oder Einmalmaske beim Sport verwenden möchte, sollte man besser kein HIIT-Training durchführen. Hier sollte man dringend seine Intensität minimieren – etwa 20 Prozent im Ausdauerbereich und etwa 30 Prozent im Bereich Krafttraining, also kein leistungsorintiertes Training absolvieren, sondern eher ein moderates Training.

Bei einem Sauerstoffmangel im Blut (Hypoxämie), aufgrund von eingeschränkter Sauerstoffzufuhr durch das Tragen einer Maske, können Atmung und Puls beschleunigt sein. Hier empfiehlt es sich, während des Trainings die Herzfrequenz zu beobachten.

Als Richtwert gilt: 190 minus Lebensalter für Dauerbelastungen, 220 minus halbes Lebensalter für HIIT-Belastungen.

Dementsprechend rate ich, hier auf den Körper zu hören oder auf die Herzfrequenzsmessung zu schauen und die Trainingsbelastung anpassen.

Sie selbst haben eine Schutzmaske speziell für Fitnessstudios entwickelt: Was macht „Oxygym“ so besonders?

Dr. Dr. Despeghel: Die Oxygym-Maske zeichnet sich durch schnelles Trocknen, einen hohen Tragekomfort durch Stretch-Material und eine anatomische Form mit Verstellmöglichkeiten der Bänder aus. Natürlich lässt auch sie sich bei 60 Grad waschen.

Training im Fitnesscenter hat ja auch oft etwas mit Style und Optik zu tun. Erfreulicherweise gibt es die Oxygym Maske in vielen Farben – so das jeder sie dem individuellen Style problemlos anpassen kann. Außerdem ist sie mit unter sechs Euro für jederman erschwinglich.

Erhältlich ist sie über Oxygym-Mask.de. Die Fitnesscenter sind über diese neue Maske informiert. Fitness First und Fitness4you sind bereits im Gespräch mit uns, diese eventuell auch direkt schon für die Mitglieder zu kaufen.

Auf welche weiteren Maßnahmen müssen sich die Mitglieder einstellen, wenn die Fitnessstudios wieder öffnen dürfen?

Dr. Dr. Despeghel: Die Hygiene-Anforderungen werden extrem erhöht sein, wie man in dem Video unten sieht. Dazu zählen: Maskenpflicht schon beim Betreten des Studios, Desinfektion am Eingangsbereich, Handschuhpflicht, aber auch spezielle Abwendungen durch Wegdrehen bei dem Aufeinandertreffen mit anderen Mitgliedern.

Zudem wird jedes zweite Gerät abgesperrt sein, so dass der Abstand von eineinhalb Metern gegeben ist, und die Geräte werden eventuell sogar von Plastikscheiben eingerahmt sein. Selbstverständlich müssen sie nach jeder Nutzung gründlich desinfiziert werden.

Kurse wird es, wenn überhaupt, in sehr viel kleinerer Form geben. Also Spinning-Kurse mit 30 Leuten und nur 40 Zentimetern Abstand werden wir vorerst nicht mehr sehen.

Mitgliedern könnte der Einlass ins Fitnesscenter verwehrt bleiben, wenn dieses ausgelastet ist. Oder wird man sich künftig eventuell sogar vorher anmelden müssen?

Dr. Dr. Despeghel: Sicherlich wird die Logistik an Grenzen kommen, sofern denn auch unter diesen Bedingungen viele wieder trainieren wollen, wobei die Primetime auch hier die Herausforderung stellen wird. Man wird dies zunächst beobachten.

Eventuell könnten dann Apps zur Voranmeldung nützlich sein, die viele Fitnesscenter per se schon nutzen.

Wie bewerten Sie diese Maßnahmen und glaube Sie, dass diese der Fitnessbranche schaden könnten? Immerhin haben Fitnessfans nun über Monate gesehen: Es geht notfalls auch ohne Fitnessstudio – YouTube und Instagram sei Dank.

Dr. Dr. Despeghel: Schaden wird den Studios vor allem, wenn sie nicht bald wieder aufmachen dürfen. Die Gutschein-Lösung ist bisher nicht hunderprozentig juristisch abgedeckt und dieses wirtschaftliche Risiko schlummert weiterhin, wenn niemand weiß, wann und wie es weitergeht.

Ich war generell gegen den kompletten Lockdown der Fitnesscenter, schließlich sollten sich die Leute gerade jetzt aktiv fit halten, um ihr Immunsystem zu stärken. Die nächste Pandemie ist sicherlich der Typ-2-Diabetes und Tumorerkrankungen. Diese Risiken lassen sich mit einem gesunden Lebenstil, ausgewogener Ernährung und Sport signifikant reduzieren.

Ich denke, es ist jetzt aber auch aus gesundheitlicher Sicht wichtig, schnell wieder Fahrt aufzunehmen und den Fitnessstudiomitgliedern – 20 Millionen in Deutschland – Möglichkeiten zu zeigen, wie sie auch unter diesen erschwerten Bedingungen schnell wieder ihre Fitness zurück erobern können und damit ihre Gesundheit und speziell auch die Leistungsfähigkeit des Immunsystems fördern können.

Die Mehrzahl der Leute hält es auf lange Sicht nicht durch, sich fit allein fit zu halten.

Und leider ist es im Bereich Ernährung und Sport so, dass – anders, als bei anderen Süchten wie Rauchen, Süßigkeiten, Alkohol oder sonstigen Dingen, die man lange gerne mochte – wenn man ein paar Wochen raus ist, immense Schwierigkeiten hat, wieder reinzukommen in das gute Gefühl beim und nach dem Sport.

Werden Sie selbst auch mit Ihrer Maske im Gym trainieren, sobald das wieder geöffnet ist?

Dr. Dr. Despeghel: Unbedingt! Ich freue ich schon sehr auf das Training. Meine Maske wird übrigens blau sein.

Der Sportwissenschaftler Dr. Dr. Michael Despeghel

Interview mit dem Sportwissenschaftler Dr. Dr. Michael Despeghel

Der Sportwissenschaftler und Autor Dr. Dr. Michael Despeghel ist Gastdozent am Institut für Sportmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen und als Experte auf den Gebieten Sport, Gesundheit, Lebensstil und Ernährung sehr gefragt. Dazu hat er bereits über 30 Bücher verfasst, die in 11 Sprachen übersetzt wurden.

Darüber hinaus ist der Fitness- und Gesundheitsexperte Gewinner des Awards „Speaker oft the year“ 2006 und 2008.​

Dr. Dr. Despeghel ist im Vorstand der deutschen Gesellschaft für präventive Männermedizin e.V., Beiratsmitglied der Stiftung Männergesundheit und Vorstand der Deutschen Interessengemeinschaft für präventive Männermedizin. Weitere Infos dazu gibt es unter medizinmaenner.de.

Quellen

  • Inbar, O., Weiner, P., Azgad, Y., Rotstein, A., & Weinstein, Y. (2000): Specific inspiratory muscle training in well-trained endurance athletes. Medicine and Science in Sports and Exercise, 32 (7), S. 1233-1237
  • Williams et al. (2002): Inspiratory muscle training fails to improve endurance capacity in athletes. Med Sci Sports Exerc. 2002 Jul; 34 (7): S. 1194-8
  • Gigliotti, F., Binazzi, B., Scano, G. (2006): Does training of respiratory muscles affect exercise performance in healthy subjects? Respiratory Medicine Jun 6; 100 (6): S. 1117-1120

Tina Klostermeier

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