Mediziner sagt, wie viele Kalorien Sie beim Fasten maximal essen dürfen

Warum Fasten besser als eine Diät ist? Das erklärt Andreas Michalsen im Interview mit FOCUS Online. Zugleich erläutert der Chefarzt für Naturheilkunde, wie die Zellreinigung angestoßen wird, welche Fasten-Methoden sinnvoll sind und wie lange Sie fasten sollten.

FOCUS Online: Herr Michalsen, wenn ich den Begriff Fasten höre, denke ich an Diät. Ist der Vergleich sinnvoll?

Andreas Michalsen: Nein, das sind zwei Paar Schuhe. Wenn Sie eine Diät beginnen, ist der einzige Zweck, Gewicht zu verlieren. Aus meiner Sicht eine Geschichte des Scheiterns – es gibt Tausende Diäten, aber es ist ein Mythos oder eine Legende, dass Sie damit dauerhaft abnehmen.

Beim Fasten handelt es sich um ein urmenschliches biologisches Stoffwechselprogramm und auch ein Ritual, das auch den Weg in die Weltreligionen gefunden hat. Primäres Ziel ist nicht der Gewichtsverlust, sondern den mentalen Zustand zu verbessern, sich körperlich regenerieren und innerlich zu reinigen.

Verbessert das auch die Gesundheit?

Michalsen: Wir müssen uns bewusst machen, dass zwei Drittel der Menschen Übergewicht haben. Das führt zu Bluthochdruck, Arthrose, Krebs, das Alter hinterlässt Spuren. Fasten hat auf den Körper eine hervorragende Wirkung – es senkt den Blutdruck, reduziert das Risiko für Diabetes Typ 2 und lindert zahlreiche Entzündungen. Und sie verlieren auch noch Gewicht, obwohl das nicht das primäre Ziel ist. Das möchte ich noch einmal betonen. Wichtig zu wissen ist, dass altersbedingte Erkrankungen hinausgezögert werden. Ob sich die Lebensspanne verlängert, ist noch offen, denn die Studien haben erst begonnen.

Über den Interviewpartner:

Seit 2009 ist Prof. Dr. Michalsen Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin. Zu dem ist er Inhaber der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité-Universitätsmedizin Berlin.

Warum verbessert sich die Gesundheit?

Michalsen: Im Labor wird die Zellreinigung, die sogenannte Autophagie, nachgewiesen. Fehlerhafte oder nicht mehr benötigte Zellbestandteile werden abgebaut und recycelt. Dafür braucht der Körper Ruhe und Zeit. Ihr Auto wird ja auch nicht repariert, wenn sie mit 150 km/h auf der Autobahn fahren. Und der Körper kann die Zellen nicht erneuern, wenn er permanent mit der Verarbeitung von Nahrung beschäftigt ist.

Machen wir das doch einmal in Zahlen fest: Wie viele Kalorien nehme ich beim Fasten am Tag zu mir? Und habe ich nicht permanent den Wunsch, was zu essen?

Michalsen: Frauen brauchen am Tag um die 1900 Kalorien, Männer 2300. Wenn ich nun die Nahrungsaufnahme auf 1000 Kalorien beschränke, knurrt mein Magen. Wenn ich aber nur noch 250 bis 500 Kalorien am Tag zu mir nehme, packt der Körper sein Überlebensprogramm aus.

Nach ein bis zwei Tagen aktiviert der Körper seine Energiebereitstellung durch Abbau der Fettreserven, daher ist Fasten auch leichter als eine Diät. Weniger essen ist doof, das signalisiert die Diät. Beim Fasten drücke ich den Reset-Knopf, ich ändere etwas und falle nicht nach dem Ende wieder in mein altes Muster zurück.

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Was ist die Besonderheit von Heilfasten?

Michalsen: Die Selbstwirksamkeit des Menschen. Wer fünf bis sieben Tage fastet, kann stolz auf sich sein. Der Magen ist kleiner, die Leber auch, die Verdauung wird besser. Es kommt Gutes zu Gutem, für die Meisten läuft es zufrieden weiter. Ich möchte keine kommunistischen Prozentzahlen für das Wohlbefinden der Teilnehmer ausrufen, aber ich bin vom Effekt überzeugt. Der lässt allerdings nach drei bis sechs Monaten auch wieder nach.

Wie lang faste ich denn am besten?

Michalsen: Wer übergewichtig ist, kann zehn bis 14 Tage fasten. Wer schlanker ist, sollte es mindestens fünf oder sieben Tage machen, um einen Effekt zu erzielen. Wichtig ist aber auch die Fastentechnik. Sie können sich nur von Wasser und Tee ernähren, also eine Null-Diät. Das führt aber auch zum Muskelabbau.

Sinnvoller ist daher, eine kleine Menge Kalorien zu sich zu nehmen. Das kann mit der Buchinger-Methode passieren mit etwa 250 Kalorien, die sie über etwas Saft und Gemüsebrühe zu sich nehmen. Oder das FX-Mayr-Fasten mit Tee, Suppe, Crackern und Mandelmilch. Noch etwas mehr Kalorien und Abwechselung auf dem Teller erlaubt die vegane und zuckerfreie Fasting-mimicking diet, das sogenannte Scheinfasten.

Sollte ich besser Urlaub nehmen, wenn ich faste?

Michalsen: Weil ich dann nicht mehr so leistungsfähig bin, meinen Sie? Nein, ich bin voll leistungsfähig. Das macht ja auch biologisch Sinn, denn unsere Vorfahren saßen ja auch nicht erschöpft in der Höhle, wenn sie mal weniger zu essen hatten, sondern dann sollte man umso mehr aktiv Futter suchen. Es gibt auch Fastenwanderungen in Skandinavien über 30 bis 40 Kilometer. Sie sehen, auch Sport ist möglich. Wenn Sie allerdings in zwei Tagen das 100-Meter-Finale bei den Olympischen Spielen bestreiten, da würde ich nicht unmittelbar vorher fasten.

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  • Muss ich mit Nebenwirkungen rechnen?

    Michalsen: Nach einem Tag können Kopfschmerzen auftreten – das ist zumeist Koffeinentzug, weil auf Kaffee verzichtet wird. Da kann ein Fasten-Espresso helfen – also ohne Milch und Zucker.

    Gibt es Personen, denen Sie Heilfasten nicht empfehlen würden? Weil sie bestimmte Medikamente einnehmen oder aus anderen Gründen?

    Michaelsen: Wenn Sie weitgehend gesund sind, können sie alleine fasten. Ansonsten besser nicht auf eigene Faust, denn Fasten verändert die Wirkung von Medikamenten. Und Sie sollten es nicht machen, wenn Wachstum im Spiel ist – also Kinder generell nicht oder bei einer Schwangerschaft.

    Aus medizinischer Sicht ist zudem davon abzuraten, wenn Sie unter Gicht leiden oder Gallensteine haben. Das kann eine Kolik auslösen.

    Wie sieht es aus, wenn jemand unter Essstörungen leidet?

    Michalsen: Das wäre ich auch sehr vorsichtig. Dadurch kann eine Anorexie oder Bulimie reaktiviert werden.  

    Jetzt ist das Fasten vorbei. Direkt ein Riesen-Schnitzel mit Pommes im Anschluss ist wahrscheinlich keine gute Idee.

    Michalsen: Auf keinen Fall! Das muss schrittweise gemacht werden, sonst wird es gnadenlos bestraft. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, als ich mir als Medizinstudent zu schnell eine Salami-Pizza gegönnt habe. Die Magenkrämpfe waren nicht angenehm.

    Und wie geht es richtig?

    Michalsen: Mit einem Stufenaufbau. Kartoffeln oder einen Apfel langsam kauen, dann eine Gemüsesuppe an Tag 1. Leicht verdauliche Sachen am zweiten Tag und ab dem dritten können Sie meistens wieder normal essen.

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