Gehirn-Doping: Diese Pille macht schlauer – aber Sie riskieren dabei ihr Leben – Video
Stress, eine nahende Prüfung oder eine wichtige Verhandlung führt viele Menschen in Versuchung, den Medikamenten-Turbo zuzuschalten. Laut neuester Studien gibt es ein geeignetes Mittel. Berufstätige wie Studenten hoffen so auf eine bessere Hirnleistung – und riskieren dabei ihr Leben.
- Ärzte verschreiben Modafinil nur gegen Narkolepsie.
- Das Medikament wird seit Jahren als Gehirn-Booster missbraucht.
- Der Absatz ist vor allem in den USA rasant gestiegen.
Viele Studenten und Berufstätige greifen zu Medikamenten als Muntermacher und Gehirn-Booster, um den ganzen Tag hochkonzentriert zu sein und bloß keine Fehler zu machen.
Eines der beliebtesten Mittel in den USA ist das Medikament Modafinil. Ärzte verschreiben es in Deutschland nur Patienten mit Narkolepsie – eine schwere Erkrankung, die Betroffene urplötzlich und an jedem Ort einschlafen lässt.
Unter der Hand wird der Wirkstoff jedoch seit Jahren als „Smart Drug“ gehandelt, als Droge, die schlau macht. Vor allem in den USA, wo die Abgabe des Medikaments wesentlich weniger kontrolliert wird, nutzen auch Gesunde das Mittel, um ihre geistigen Fähigkeiten anzukurbeln.
Absatz ist rasant gestiegen
Dort ist der Absatz in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen: von 196 Millionen Dollar im Jahr 2002 auf 988 Millionen Dollar im Jahr 2008. Neuere Zahlen gibt es nicht. Eine Befragung unter Lesern des Wissenschaftsmagazin „Nature“ aus 2008 ergab: Jeder fünfte hat sich schon einmal sein Gehirn gedopt, knapp die Hälfte davon hatte Modafinil genutzt.
Eine Umfrage der DAK aus dem Jahr 2009 kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Demnach haben fünf Prozent der erwerbstätigen 20- bis 50-Jährigen in Deutschland schon einmal stimmungsaufhellende oder leistungssteigernde Mittel eingenommen.
Dieses Phänomen haben Forscher aus Harvard und Oxford zum Anlass genommen, die positive Wirkung des Mittels noch einmal genauer zu überprüfen. Ihr Ergebnis: Das Medikament macht Menschen tatsächlich kreativer und schlauer und kann ihnen helfen, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen.
Ruairidh Battleday von der University of Oxford und seine Kollegin Anna-Katharine Brem von der Harvard Medical School hatten für ihre Metastudie alle Untersuchungen – insgesamt 24 – ausgewertet, die zwischen 1990 und 2014 zu dem Thema erschienen sind.
Signifikante Wirkung auf komplexere Aufgaben
Sie fanden heraus: Modafinil hat keine signifikante Wirkung auf das Arbeitsgedächtnis – für kurzfristiges Erinnern ist der Wirkstoff also nutzlos. Anders sieht es jedoch für komplexere Aufgaben aus: „Hier scheint Modafinil die geistigen Leistungen verlässlicher zu erhöhen", erklärt Battleday in einer Mitteilung. Dies gelte vor allem für höhere Gehirnfunktionen, an denen viele einzelne kognitive Prozesse beteiligt sind.
Somit sei laut Battleday Modafinil das erste echte Beispiel für eine „Smart Drug“, die wirklich helfen könne. Zudem habe das Medikament kaum Nebenwirkungen. Laut ihrer Analyse fanden die Forscher in 70 Prozent der ausgewerteten Studien keinen Effekt auf die Stimmung der Probanden. Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schlafstörungen seien in den Placebogruppen ähnlich häufig aufgetreten wie in den Probandengruppen, die Tabletten mit Wirkstoff erhielten.
Die EMA warnt vor Missbrauch
Diese Ergebnis widerspricht allerdings komplett den Schlüssen, die die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) noch im Februar 2011 zog: Sie stellte fest, dass das gesundheitliche Risiko („das Nutzen-Risiko-Verhältnis“), durch Nebenwirkungen Schaden zu nehmen für die meisten Anwendungsgebiete deutlich höher ist als die erhoffte Wirkung.
Die Liste der Nebenwirkungen ist lang: Kopfschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Nervosität gehören noch zu den harmloseren. Dazu kommen Essstörungen, Benommenheit, Brustschmerzen, Bluthochdruck, Tachykardie und erhöhte Leberfunktionswerte.
In seltenen Fällen kann es zu lebensbedrohlichen Überempfindlichkeitsreaktionen, plötzlichen Angstzuständen, Depressionen, Manien, Halluzinationen und Suizidgedanken kommen.
Schwere Nebenwirkungen
Deshalb empfiehlt die EMA den Gebrauch von Modafinil nur gegen schwere Narkolepsie. Zu schwerwiegend seien Nebenwirkungen und Suchtpotenzial.
Wie andere stimulierende Substanzen greift auch Modafinil direkt in den Dopaminhaushalt des Gehirns ein. Daher kann es leicht zu einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit kommen.
Außerdem sind weder Wirkweise noch Langzeitfolgen vollständig geklärt.
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