Viele wissen nichts von ihrer Erkrankung – so erkennen Sie, ob Sie ADHS haben
Eckart Axel von Hirschhausen hat ADHS. Das gab der TV-Arzt nun in einer ARD-Sendung zum Thema bekannt. Er ist damit nicht allein. Schätzungsweise zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden daran – oftmals ohne es zu wissen.
Er hat einen Film über ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) gemacht. Darin offenbart Eckart von Hirschhausen auch seine eigene Diagnose, die er während der Dreharbeiten bekam.
In der Beschreibung der ARD zur Sendung „ Hirschhausen und ADHS “ heißt es: „Die Aufmerksamkeitsstörung ADHS bekommt gerade viel Aufmerksamkeit. In den sozialen Medien wimmelt es vor Selbstoffenbarungen – auch von Prominenten. Ist das eine Modeerscheinung oder ein echtes Problem? Eckart von Hirschhausen hat schon vor 30 Jahren als Arzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit jungen ADHS-Patienten gearbeitet. Damals begann man das „Zappelphilipp“-Syndrom verstärkt zu diagnostizieren und mit Medikamenten zu behandeln, immer in dem Glauben: ‚Irgendwann wächst sich das aus.‘ Heute ist klar: Das war ein großer Irrtum.“
Zwei Millionen Menschen in Deutschland betroffen, oftmals ohne es zu wissen
Im Erwachsenenalter ist das Krankheitsbild noch immer wenig bekannt und werde unterschätzt, erklärt Astrid Neuy-Lobkowicz, Fachärztin für Psychotherapie und Psychosomatik, in einem Beitrag für den Selbsthilfeverein „ ADHS Deutschland “. Schätzungsweise zwei Millionen Menschen seien in Deutschland betroffen – oftmals ohne die geringste Ahnung davon zu haben, so Neuy-Lobkowicz. „Das Tragische dabei ist, dass die Krankheit relativ gut und mit großen Erfolgen behandelt werden kann, wenn sie erkannt wird.“
ADHS im Erwachsenenalter – das sind die Symptome
Die Anzeichen lassen sich gliedern in die drei Kernsymptome
- Hyperaktivität (übersteigerter Bewegungsdrang),
- Unaufmerksamkeit (gestörte Konzentrationsfähigkeit) und
- Impulsivität (unüberlegtes Handeln)
Sie sind besonders im Kinder- und Jugendalter stark ausgeprägt. Im Erwachsenenalter gibt dann laut dem vom Bund geförderten ADHS-Infoportal einen leichten Shift. Während Kinder mit ADHS häufig die klassischen „Zappelphilippe“ sind, wird die Hyperaktivität im Erwachsenenalter eher durch ein Gefühl der inneren Unruhe und Getriebenheit abgelöst. Sie können dennoch oft schwer abwarten und stillsitzen, wippen mit den Füßen oder trommeln mit den Fingern. Auch ein starker Rededrang oder häufiges Unterbrechen können Anzeichen sein.
Impulsivität kann bei Erwachsenen mit ADHS bestehen bleiben und äußert sich beispielsweise darin, dass Betroffene teils heftige Stimmungsschwankungen haben, vorschnell Entscheidungen treffen und oftmals überzogen reagieren. Auch Wutausbrüche, Kaufrausch und Missachtung von Regeln und Gesetzen können Anzeichen sein.
Als größte Belastung empfinden die meisten Erwachsenen mit ADHS allerdings das Aufmerksamkeitsdefizit und damit verbundene Konzentrationsprobleme . Betroffene sind schnell abgelenkt, vergesslich, sprunghaft und zerstreut, was zu erheblichen Schwierigkeiten im Job, aber auch im Privatleben führen kann. Viele Betroffene bleiben trotz hoher Intelligenz weit unter ihren Möglichkeiten. Ausnahme: Wenn sie sich für eine Sache extrem interessieren, können sie sich sehr gut konzentrieren und Höchstleistungen erbringen.
Laut LMU-Klinikum München bestehen bei etwa einem Drittel der ADHS-Patienten zusätzliche Begleiterkrankungen wie Depression, Angst- oder Suchtstörungen .
Besonderheiten bei betroffenen Männern und Frauen
Bei Frauen und Männern mit ADHS werden ebenso wie bei Kindern geschlechtsspezifische Unterschiede diskutiert. Zwar ist laut Infoportal noch weitere Forschung notwendig, doch in Studien gibt es wichtige Hinweise darauf. Als wohl größter Unterschied gilt, dass betroffene Frauen eher zu einer deutlichen motorischen Verlangsamung und Bewegungsarmut (Hypoaktivität) im Vergleich zu betroffenen Männern (Hyperaktivität) tendieren.
Bei betroffenen Frauen sollen zudem folgende Anzeichen häufiger sein:
- Verträumtheit
- chaotisches Denken und Handeln
- Probleme beim Strukturieren und Planvollen handeln
- Unsicherheiten, die nach viel positiver Verstärkung von Außen verlangt
- Anspannung und Stimmungsschwankungen.
Bei betroffenen Männern sind es dagegen:
- starke innere Unruhe und Nervosität
- Ungeduld
- schnelle Ablenkbarkeit bei Routineaufgaben
- Probleme bei Teamarbeiten sowie
- Probleme, sich unterzuordnen.
„Zwischen Genie und Wahnsinn“: Positive Symptome von ADHS
Doch es gibt auch positive Merkmale. „Die Betroffenen sind originelle, kreative Menschen, oft die unbequemen mutigen Vordenker, weil sie sich nicht an Regeln halten und alles in Frage stellen können“, erläutert Neuy-Lobkowicz. „Wenn diese Menschen für sich die richtige berufliche Nische gefunden haben, sind sie häufig genial und unschlagbar in ihrem sprühenden Eifer und ihrem unermüdlichem Aktionismus.“
ADHS sei häufig „ein Phänomen, das sich zwischen Genie und Wahnsinn bewegt.“
Habe ich ADHS? Der Weg zur Diagnose
Allerdings leidet nicht jeder unruhige oder unaufmerksame Mensch gleich unter ADHS. Ob wirklich eine krankhafte Störung vorliegt, kann nur ein Facharzt feststellen. Dazu zählen ADHS-erfahrene Psychotherapeuten oder Fachärzte der Neurologie, Psychiatrie oder Psychosomatik. Generell gilt: Die Auffälligkeiten müssen über einen längeren Zeitraum (mindestens sechs Monate) und in verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Schule/ Beruf und Freizeit) auftreten.
Im Internet gibt es mehrere Selbsttests, auch einen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dennoch sollten Sie die Ergebnisse immer mit einem Experten abklären.
Hier geht’s zum ADHS-Selbsttest der WHO (Achtung: Ersetzt kein Gespräch mit einem Experten!)
ADHS – so läuft die Behandlung
Die Behandlung von ADHS stützt sich in der Regel auf mehrere Säulen: Individuell kombiniert werden nach Aufklärung und Beratung eine Psychotherapie (oft Verhaltenstherapie) sowie eine medikamentöse Therapie.
Daneben gibt es einfache Strategien, die im Alltag helfen können:
- Routinen für eine bessere Organisation und Struktur
- Wichtige Gegenstände (Schlüssel, Handy etc.) immer am gleichen Ort ablegen
- To-Do-Listen, damit wichtige Termine und Aufgaben nicht vergessen werden
- Aufklärung von Familie und Freunden hilft und schafft Verständnis
- Achtsamkeits- und Entspannungsübungen helfen bei der Impulskontrolle, Sport beim Abbau überschüssiger Energie
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