Ist ein Ausweichen auf andere Grippeimpfstoffe wirklich unmöglich?
Ältere Menschen ab 60 Jahren sollen ab der Grippesaison 2021/22 ausschließlich mit einem Hochdosis-Grippeimpfstoff gegen Influenza geimpft werden. Sie müssen es sogar, für alternative standarddosierte Vakzinen lässt die Schutzimpfungs-Richtlinie, die am 1. April 2021 in Kraft tritt, keinen Raum. Fehlt Efluelda, dürfen die Senioren eigentlich gar keine Grippeimpfung erhalten. Hat die STIKO gepennt, warum hat der G-BA nicht interveniert, und welche Möglichkeiten gibt es, eine mögliche Nichtimpfung der Senioren doch noch abzuwenden?
Bietet die neue Schutzimpfungs-Richtlinie keine Möglichkeit, dass bei potenzieller Knappheit von Efluelda® ältere Menschen ab 60 Jahren auch mit anderen Grippeimpfstoffen vor Influenza geschützt werden können? Oder ist mit der am 1. April 2021 in Kraft tretenden aktualisierten Schutzimpfungs-Richtlinie in Stein gemeiselt, dass bei Nichtverfügbarkeit der einzigen Hochdosisvakzine – Efluelda – Senior:innen leer ausgehen, da es „den Versicherten grundsätzlich nicht zuzumuten (ist), auf eine im Vergleich unterlegene Leistung verwiesen zu werden“, wie der G-BA in den tragenden Gründen zum Beschluss zur Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie erklärt.
Hochdosis-Grippeimpfung wird Standard für Ab-60-Jährige
Ab der kommenden Grippesaison 2021/22 sollen alle Älteren ab 60 Jahren mit einem Hochdosis-Grippeimpfstoff vor Influenza geschützt werden – die STIKO empfahl es im November 2020, der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) änderte die Schutzimpfungs-Richtlinie im Januar 2021 und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beanstandete diese Aktualisierung im Februar nicht. Somit tritt die geänderte Schutzimpfungs-Richtlinie am 1. April 2021 in Kraft und die Hochdosis-Grippeimpfung wird zur Standardimpfung für ältere Menschen. Allerdings bedeutet dies, dass fortan Ab-60-Jährige nur noch mit der Hochdosisgrippevakzine vor Influenza geschützt werden dürfen. Der einzige seit Mai 2020 in der EU zugelassene Hochdosisimpfstoff ist Efluelda von Sanofi Pasteur. Erst vor kurzem wurde die Indikation erweitert, sodass Efluelda nun ab 60 Jahren geimpft werden darf. Zuvor hatte die Zulassung nur Ab-65-Jährige erfasst.
Warum hat die STIKO nicht daran gedacht, dass die monopolisierende Empfehlung von nur einer Vakzine eines einzigen Herstellers Tür und Tor für Lieferengpässe öffnet? Warum hat der G-BA nicht widersprochen und welche Optionen bleiben nun? DAZ.online hat nachgeforscht.
Efluelda-Monopol: Dachte die STIKO nicht an Lieferengpässe?
Nun könnte erst einmal die Frage aufkommen: Warum hat die STIKO nur den Hochdosisimpfstoff empfohlen? Andere Länder, wie die USA und Kanada, sprechen keine so rigorose Empfehlung aus. Hat die STIKO die Gefahr der Monopolisierung vielleicht „vergessen“ oder nicht überblickt? Dem ist nicht so: Die STIKO sieht durchaus das Risiko einer Monopolisierung mit Efluelda durch Empfehlung der Hochdosis-Grippeimpfung und der sodann erhöhten Gefahr für Lieferengpässe. Im Epidemiologischen Bulletin 1|2021 schreibt sie: „Bei einem Lieferengpass oder Nicht-Verfügbarkeit eines Hochdosis-Impfstoffs sollen ersatzweise andere inaktivierte quadrivalente Influenza-Impfstoffe (unabhängig vom Impfstofftyp) angewendet werden.“
Empfehlen andere Länder auch nur den Hochdosis-Grippeimpfstoff für Ältere?
Neben dem Hochdosis-Grippeimpfstoff Efluelda ist auch die adjuvantierte Grippevakzine Fluad® Tetra (Seqirus) speziell für Senior:innen in der EU zugelassen. Eingesetzt werden darf das Präparat ab einem Alter von 65 Jahren. Auch die USA und Kanada impfen mit diesen Impfstoffen – empfehlen die dortigen Impfkommissionen ebenfalls nur den Hochdosis-Grippeimpfschutz für Ältere?
In den Vereinigten Staaten erklären die CDC (Centers for Disease Control and Prevention): „Menschen ab 65 Jahren können sich mit jedem Grippeimpfstoff impfen lassen, der für diese Altersgruppe zugelassen ist, ohne dass ein bestimmter Impfstoff gegenüber einem anderen bevorzugt wird. Die CDC empfiehlt die Grippeimpfung als ersten und wichtigsten Schritt zum Schutz vor Grippe.“
Das National Advisory Committee on Immunization (NACI) in Kanada rät: „Wenn verfügbar, sollte ein trivalenter Hochdosis-Grippeimpfstoff einem trivalenten standarddosierten Grippeimpfstoff vorgezogen werden, da die Belastung durch eine Influenza A(H3N2)-Erkrankungen hoch ist und es gute Belege für einen besseren Schutz im Vergleich zu standdarddosierten Vakzine bei Erwachsenen ab 65 Jahren gibt.“ Ob ein hochdosierter Dreifachimpfstoff besser schütze als ein standarddosierter, dafür fehle die Evidenz, doch könne angesichts der erhöhten Krankheitslast, die mit Influenza A(H3N2) bei älteren Erwachsenen assoziiert ist, ein besserer Schutz gegen Influenza A(H3N2) wichtiger sein als ein besserer Schutz gegen Influenza B. Vergleichende Empfehlungen zwischen adjuvantierten und hochdosierten Dreifachimpfstoffen und standarddosierten tetravalenten Vakzinen spricht das NACI nicht aus. Jedoch: „Jeder der verfügbaren Influenza-Impfstoffe wäre besser, als ungeimpft zu bleiben. (…) Daher empfiehlt das NACI in Ermangelung eines spezifischen Produkts, dass jeder der verfügbaren Influenza-Impfstoffe verwendet werden sollte.“
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