Graue warnt vor Ruf nach dem Staat wegen AvP
Dr. Jörn Graue, der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, warnt angesichts der AvP-Insolvenz vor dem Ruf nach dem Staat. Gesetzlich vorgeschriebene zeitnahe Kontrollen der Verwaltungskonten und der offenen Treuhandkonten seien das probateste Mittel, um die Rezeptabrechnung sicher zu gestalten. Bei der Mitgliederversammlung des Vereins äußerte er zudem Zweifel, ob das VOASG der große Wurf sei, mit dem ein EU-Vertragsverletzungsverfahren vermieden werde.
Bei der Online-Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins am gestrigen Mittwochabend berichtete der Vereinsvorsitzende Dr. Jörn Graue über mühsame und letztlich erfolgreiche Gespräche mit den Krankenkassen, um dort die Folgen der AvP-Insolvenz für die Apotheken deutlich zu machen. Daraufhin hätten auch die Krankenkassen schnell reagiert, um die Zahlungen für die betroffenen Apotheken neu zu organisieren und so die Insolvenz von Apotheken abzuwenden. Doch nun werde der Ruf nach dem Staat immer lauter. Das sei ebenso verständlich wie gefährlich. Denn „wenn der Staat gerufen wird, kommt er in der Regel, um zu bleiben“, erklärte Graue. Mit jeder Stützung steige der staatliche Einfluss, und der Staat gewinne an Macht auf Kosten der Eigenverantwortung.
Graue: Kontrolle durch Standesgremien wirksam
Die Historie zeige, dass die Kontrolle durch Standesgremien fast ausnahmslos wirksam sei und die Apotheken hinlänglich vor Schäden bewahre. Doch nachdem „ein unendlicher Wettbewerb vom Zaun gebrochen wurde, dem sich kaum ein Rechenzentrum entziehen kann, wird die Kostendeckung infrage gestellt“, erklärte Graue. Die Rechenzentren müssten sich weiterer artfremder Einnahmequellen versichern, um nicht in Schieflage zu geraten. Die Apotheken würden vermeintlich günstigere Abrechnungsmöglichkeiten suchen und finden, die zulasten der Sicherheit gingen. Der Insolvenzverwalter von AvP habe auf zu niedrige Gebühren als Gründe für das Problem hingewiesen, hinzu kämen Factoring und Abtretung.
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Zu den möglichen Konsequenzen erklärte Graue, es reiche sicherlich nicht aus, die Nutzung von Rechenzentren vorzuschreiben. Daraus ergebe sich keine staatliche Verpflichtung, einen Schaden zu ersetzen, schon gar nicht bei kriminellen Handlungen. Dass auch die BaFin Fehlverhalten nur begrenzt im Vorhinein sehen könne, würden die Vorgänge um Wirecard und AvP zeigen. Ein Abtretungs- und Fakturierungsverbot wie für soziale Sachleistungen lasse sich nur schwierig im § 300 Abs. 2 SGB V unterbringen, aber unmöglich sei es nicht. Doch das schütze nur bedingt vor krimineller Energie, könnte die Rechenzentren aber zu sehr einengen. Ein probateres Mittel seien gesetzlich vorgeschriebene zeitnahe Kontrollen der Verwaltungskonten und der offenen Treuhandkonten.
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