Covid-19-Forschung: Schützt Rauchen vor dem Coronavirus? – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal
Auswertung zeigt weniger schwere COVID-19 Verläufe bei Rauchern
Ein französisches Forschungsteam geht der Hypothese nach, ob Nikotin eine Schutzwirkung gegenüber dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 entfalten kann. Bereits im März diesen Jahres kam eine Studie auf Basis chinesischer Daten erstmals zu dem Schluss, dass offensichtlich weniger Raucherinnen und Raucher unter den COVID-19-Erkrankten zu finden sind.
Rauchen schadet im hohen Maße der Gesundheit
Rauchen schädigt die ultrafeinen Partikel in der Lunge nachhaltig und schwächt im besonderen Maße das Immunsystem. Raucher und Raucherinnen gelten daher als Risikogruppe für schwere Verläufe von Covid-19. Auch haben erste Studien bereits auf Zellebene mögliche Erklärungen dafür gefunden, weshalb Raucher anfälliger für COVID-19 sind.
Erste statistische Auswertungen weisen nun jedoch in eine andere Richtung. So auch die aktuelle Studie des französischen Forschungsteams vom Hôpitaux de Paris und der Université Pierre et Marie Curie (Paris VI), in der mögliche Zusammenhänge zwischen dem Tabakkonsum und COVID-19 untersucht wurden. Die Forschenden vermuten, dass Nikotin die Vermehrung der Viruszellen bremsen könnte.
Statistische Auswertung der Patienten
“Wir haben die Rate der täglichen Raucher bei COVID-19-infizierten Patienten in einem großen französischen Universitätskrankenhaus zwischen dem 28. Februar 2020 und dem 30. März 2020 für ambulante Patienten und vom 23. März bis zum 9. April 2020 für stationäre Patienten untersucht” berichten die Forschenden auf der Wissenschaftsplattform “Queios”. Dabei zeigte sich, dass nur 5.3 Prozent der Erkrankten rauchten. Der Anteil der rauchenden Menschen an der Bevölkerung in Frankreich liege jedoch bei rund 25,4 Prozent.
“Unsere Querschnittsstudie sowohl bei ambulanten als auch bei stationären COVID-19-Patienten legt nahe, dass tägliche Raucher im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine sehr viel geringere Wahrscheinlichkeit haben, eine symptomatische oder schwere SARS-CoV-2-Infektion zu entwickeln”, schreiben die Forschenden in ihrem Abstract zur Studie.
Auch andere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen
Schon im März 2020 zeigte eine Studie, dass sich bei einer Reihe von Untersuchungen in China signifikant weniger Raucherinnen und Raucher unter den schweren COVID-19 Fällen befanden. Auch bei einer Studie in New York mit rund 4000 COVID-19-Fällen zeigte sich, dass sich gemessen am Gesamtdurchschnitt weniger Raucher und Raucherinnen unter den hospitalisierten Patienten befanden.
Substanzen im Tabak könnten Coronviren behindern
Die französischen Forschende stellten die Hypothese auf, dass bestimmte Substanzen, die sich im Tabak befinden, SARS-CoV-2 Viren daran hindern, an den Zellen anzudocken. Im besonderen sei das in Tabakpflanzen enthaltene Nervengift Nikotin im Verdacht, eine solche Schutzwirkung zu entfalten.
“Die Hypothese ist, dass Nikotin an Zellrezeptoren anhaftet, die vom Coronavirus genutzt werden und damit die Anhaftung des Virus verhindert”, sagt Professor Jean-Pierre Changeux vom Institut Pasteur und dem Collège de France. Aus diesem Grund sollen zeitnah im Pariser Klinikum “La Pitié-Salpêtrière” Studien mit Nikotinpflaster durchgeführt werden. Hierfür muss allerdings noch die französische Gesundheitsbehörde eine Erlaubnis erteilen.
Studie mit Nikotinpflaster geplant
Zum Verlauf der geplanten Studie sagte Amoura, dass die Probanden nicht etwa mit dem Rauchen beginnen sollten. Vielmehr wolle man mit unterschiedlich dosierten Nikotinpflastern forschen, die eigentlich zur Rauchentwöhnung eingesetzt werden. Sinn der Untersuchung sei die Beantwortung der Frage, ob Pflegekräfte präventiv mit Nikotinpflastern einen Schutz vor der Krankheit Covid-19 erlangen könnten. Auch wolle man der Frage nachgehen, ob Erkrankte mit nikotinhaltigen Pflastern therapiert werden könnten.
Die Forschenden nehmen an, dass SARS-CoV-2 die Kontrolle des Nikotinrezeptors durch Acetylcholin verändern kann. Das könne auch erklären, warum vorangegangene Studien “einen Zusammenhang zwischen Rauchen und dem Schweregrad von Covid-19 gefunden haben”. Denn im Allgemeinen hören Erkrankte während des Klinikaufenthaltes mit dem Rauchen auf. Die Tabakentwöhnung führe dann zur Freisetzung von Nikotinrezeptoren, die bei Rauchern erhöht sind. Das führe wiederrum zu einem „Rebound-Effekt“, der für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Raucherinnen und Raucher im Krankenhaus verantwortlich sei. Die Viren könnten dann schneller die Zellen angreifen, so die Vermutung.
Keine Aufforderung zum Rauchen
Die Forschenden betonen, dass ihre Hypothese und auch die nachfolgende Studie nicht zur Aufforderung zum Rauchen verstanden werden soll. “Unsere Ergebnisse sollten mit Vorsicht interpretiert werden”, schreiben sie. Beispielsweise sei die Studie im Jahr 2020 durchgeführt und die Ergebnisse seien mit Daten aus der Raucherquote der französischen Allgemeinbevölkerung im Jahr 2018 verglichen worden.
“Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass der Tabakkonsum in Frankreich seit Mitte 2018 dramatisch zurückgegangen ist”, betonen die Forschenden. Auch wolle man den Probanden nur unter kontrollierten Bedingungen Nikotinpflaster verabreichen. Zudem handelt es sich bei der Studie bislang nur um ein Vergleich von Statistiken. Erst klinische Studien können Gewissheit geben. (sb)
Quelle: Den ganzen Artikel lesen