Coronavirus: Erhöhte Gefahr für Schlaganfälle bei COVID-19? – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal
Coronavirus: Ein Auslöser für Schlaganfall?
Noch immer steigt die Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV2. Nicht alle Menschen, die sich mit dem Erreger anstecken, zeigen Symptome. Bei manchen Patientinnen und Patienten treten nur leichte Beschwerden auf, bei anderen jedoch kommt es zu schweren Krankheitsverläufen. Zudem gibt es Hinweise, dass das Virus auch andere Erkrankungen auslösen kann, womöglich auch einen Schlaganfall.
Fachleuten zufolge sind die häufigsten Symptome der Coronavirus-Erkrankung (COVID-19) Fieber, Müdigkeit und trockener Husten. Die meisten Menschen erholen sich ohne dass sie eine besondere Behandlung benötigen. In selteneren Fällen nimmt die Krankheit aber einen schweren Verlauf. Zudem haben Forschende auch häufig neurologische Beschwerden bei COVID-19 festgestellt. Und manche Infizierte hatten auch einen Schlaganfall erlitten.
Schwere Krankheitsverläufe mit neurologischen Symptomen
Laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) wiesen in einer aktuellen Studie aus Wuhan 40 von 88 Patienten mit schweren COVID-19-Verläufen neurologische Symptome auf. Den Angaben zufolge hatten allein fünf von ihnen einen Schlaganfall erlitten.
Ob die zerebrovaskulären Ereignisse eine direkte Infektionsfolge sind oder bei schwerkranken COVID-19-Betroffenen häufiger auftreten, weil sie in der Regel mehr Schlaganfall-begünstigende Begleiterkrankungen aufweisen, muss weiter untersucht werden.
Die DGN unterstreicht, dass bei COVID-19 unbedingt neurologische Expertise gefragt ist.
Mehrere Patienten erlitten einen Schlaganfall
Die Auswertung aus China, die in der Fachzeitschrift „JAMA Neurology“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass neurologische Manifestationen bei hospitalisierten COVID-19-Patienten durchaus häufig sind.
Insgesamt traten bei 36,4 Prozent der insgesamt 214 Patienten neurologische Symptome auf. Auffällig war zudem, dass neurologische Symptome bei Betroffenen mit schweren respiratorischen Verläufen vermehrt auftraten.
Die Rate betrug in dieser Subgruppe sogar 45,5 Prozent (40 von 88 Patienten mit schwerem Verlauf wiesen neurologische Symptome auf).
Laut der DGN kam es in dieser Gruppe aber nicht nur zu gehäuften, sondern auch zu schwereren neurologischen Manifestationen: Vier Patienten erlitten einen ischämischen Schlaganfall, ein Patient einen hämorrhagischen, bei 13 Patienten waren Bewusstseinsstörungen dokumentiert worden und bei einem ein Krampfanfall.
Neuraler Infektionsweg nachgewiesen
Von den Autoren wird die neurologische Begleit-Symptomatik damit erklärt, dass SARS-CoV-2 wie die bereits bekannten Coronaviren SARS und MERS auch in das zentrale Nervensystem (ZNS) beziehungsweise in das Gehirn eindringen können, insbesondere in den Hirnstamm, wie Ende Februar eine Publikation im „Journal of Medical Virology“ nahelegte.
Der neurale Infektionsweg konnte tierexperimentell nachgewiesen werden, er verläuft von der Nasenschleimhaut über sogenannte freie Nervenendigungen bis zum Gehirn.
Dies würde auch die extrem hohe Häufigkeit eines Verlusts von Geruchs- und Geschmackssinn bei COVID-19-Erkrankungen erklären, die in einer aktuellen europäischen Studie mit 85,6 und 88 Prozent beziffert wird.
Herabgesetzte Immunabwehr
Der DGFN zufolge wurden in der vorliegenden Studie aus Wuhan Laborparameter der schwer betroffenen COVID-19-Patienten ausgewertet. Auffällig war, dass Betroffene mit neurologischen Symptomen eine geringere Lymphozytenzahl aufwiesen, was auf eine herabgesetzte Immunabwehr hindeutet.
Darüber hinaus hatten sie niedrigere Thrombozytenzahlen und höhere Blut-Harnstoff-Stickstoff-Spiegel (BUN). Zudem wies die Gruppe der Patienten mit schweren respiratorischen Verläufen insgesamt auch höhere D-Dimer-Spiegel auf.
„D-Dimere steigen bei einer Sepsis an, können aber auch auf eine Aktivierung des Gerinnungssystems hinweisen, wie sie auch bei anderen schweren Virusinfektionen bekannt sind. SARS-CoV-2 könnte so Schlaganfälle begünstigen“, erläutert Professor Dr. Götz Thomalla, Hamburg, Sprecher der DGN-Kommission Zerebrovaskuläre Erkrankungen.
„Interessant ist, dass bei Myopathien im Rahmen der SARS-Infektion histologisch eine Vaskulitis nachgewiesen wurde. Bei der hohen Affinität auch des aktuellen Erregers zum AT 2-Rezeptor erscheint damit eine Vaskulitis als Schlaganfallursache denkbar“, ergänzt Professor Peter Berlit, Generalsekretär der DGN.
Möglicherweise keine direkte Infektionsfolge
Die erhöhte Schlaganfallrate bei Patienten mit schweren COVID-19-Erkrankungen ist auch Gegenstand des begleitenden Editorials in dem Fachjournal „JAMA Neurology“.
Die Editoren heben darin hervor, dass es vor allem multimorbide Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck sind, die schwer an COVID-19 erkranken. Somit könnte die höhere Schlaganfallrate einem Selektionsbias geschuldet und keine direkte Infektionsfolge sein.
„Ob ein Schlaganfall nun direkte Folge der schweren SARS-CoV-2-Infektion oder Resultat der Tatsache ist, dass Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen gleichzeitig auch zerebrovaskuläre Risikopatienten sind, ist eine wichtige Forschungsfrage, der wir gezielt nachgehen müssen. Wichtig ist aktuell aber, dass Schlaganfälle auch bei beatmeten Patienten rechtzeitig erkannt und behandelt werden“, so Berlit.
Weitere Untersuchungen erforderlich
Die Editorial-Autoren sprechen sich ebenfalls dafür aus, die neurologische Beteiligung bei COVID-19 weiter zu untersuchen, sehen aber schon jetzt genügend Hinweise, um die Rolle der Neurologen im Kontext von SARS-CoV-2 neu zu bewerten und sie an der `Front´ im Kampf gegen die Pandemie anzusiedeln.
„In der Tat ist es so, dass uns nahezu täglich neue Daten zu neurologischen Begleitsymptomen bei Covid-19-Patienten erreichen – und der hohe Prozentsatz dieser Symptome, z.T. auch ihr Auftreten ohne jedwede Atemwegsbeteiligung, deutet darauf, dass Covid-19 kein rein pneumologisches Krankheitsbild ist, sondern unbedingt neurologische Expertise gefragt ist“, erklärt Berlit.
„Die Neurologie ist aus der Versorgung von Covid-19-Patienten daher nicht wegzudenken“, so der Experte. (ad)
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