Durchbruch für Forscher: Coronavirus mutiert kaum – das bringt großen Vorteil
Noch gibt es die Covid-19-Impfung nicht. Aber die Forscher haben in diesem Zusammenhang eine Sorge weniger: Das neue Coronavirus mutiert längst nicht so schnell wie befürchtet. Dadurch könnte ein Impfstoff die Menschen für lange Zeit immunisieren – anders als bei der Grippe.
Viren sind Verwandlungskünstler. Sie passen sich ihrem Wirt an, sie verändern sich, wenn ihnen das Ende durch einen Feind droht. Ihre Mutationsfreude ist der Grund, warum es für manche Virusinfektionen bis heute keine Immunisierung gibt, und warum die Grippeimpfung jedes Jahr angepasst und neu verabreicht werden muss.
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Bei schnell mutierenden Viren klappt Impfung nicht
Besonders mutationsfreudig sind Coronaviren, deren bisher bei Menschen bekannte Varianten harmlose Erkältungen auslösen. Deswegen haben Wissenschaftler große Bedenken, ob eine Impfung das neue, gefährliche Coronavirus Sars-CoV-2 würde aufhalten können.
Abgesehen davon, dass der Impfstoff noch gar nicht entwickelt ist, fürchten die Experten, dass das Virus schon wieder ganz anders aussieht, wenn die Substanz für die Immunisierung großer Bevölkerungsgruppen produziert und einsatzbereit ist. Die Impfung würde nur wenig bringen und müsste – wie die Grippeimpfung – ständig nachjustiert werden.
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Das neue Coronavirus ist mutationsfaul
Nun gibt es in dieser Hinsicht aber Hoffnung: Wissenschaftler, die den genetischen Code des neuartigen Erregers untersuchten, stellen fest, dass dieses Coronavirus kaum mutiert, während es durch die menschliche Bevölkerung zirkuliert. Sie schließen aus dieser Stabilität, dass eine Impfung Menschen für sehr lange Zeit immunisieren kann.
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Die Stabilität hat folgende Ursache: Im Gegensatz zu anderen Viren, die bei ihrer rasenden Vermehrung in einem Wirt zahlreiche unvollkommene Kopien anhäufen und mutieren, verfügt das neue Coronavirus offenbar über einen Korrekturmechanismus, der die Fehlerrate und das Mutationstempo verringert.
Stabiles Virus macht es Impfforschern leichter
US-Wissenschaftler untersuchen derzeit mehr als 1.000 verschiedene Proben des Virus, erklärte Peter Thielen, Molekulargenetiker an der Johns Hopkins University, gegenüber der Washington Post. Sie hätten dabei nur vier bis zehn genetische Unterschiede zwischen den Stämmen, die Menschen in den USA infiziert haben, und dem ursprünglichen Virus, das in Wuhan kursierte, entdeckt.
„Dafür, dass das Virus so viele Menschen durchlaufen hat, sind das nur sehr wenige Mutationen“, sagte Thielen. „Im Augenblick deutet diese geringe Mutationsrate darauf hin, dass ein für Sars-CoV-2 entwickeltes Vakzin ein Einmal-Impfstoff sein könnte, nicht einer, der jedes Jahr neu verabreicht werden muss wie der Grippeimpfstoff.“
Es wäre dann eher ein Impfstoff wie gegen Masern oder Windpocken, der mit aller Wahrscheinlichkeit für lange Zeit Immunität verleihen würde.
Experten der WHO haben kürzlich in einem Kommentar im Fachmagazin „The Lancet“ eine Übersicht zu den internationalen Aktivitäten zur Virus-Eindämmung und Risikobewertung gegeben. Das sind Kernaussagen:
- Corona scheint genetisch stabil zu sein. Auf der Grundlage von 500 Virus-Gensequenzen gibt es keine Hinweise auf die Entwicklung neuartiger Virusstämme.
- Ansteckungen durch Klinik-Personal waren in China die Ausnahme. Das spricht dafür, dass die empfohlenen Schutzmaßnahmen für Klinik-Personal gut wirksam sind.
- Bislang beruht der Nachweis einer Infektion weiter auf PCR-Tests. Serologische Tests (an Blutproben) sind zwar in der Entwicklung, aber noch nicht validiert.
- Die Virus-Produktion ist am Anfang einer Infektion offenbar am höchsten – möglicherweise schon vor Auftreten von Beschwerden. Viele Länder beginnen mit der Identifizierung von Kontakt-Personen 1 bis 2 Tage vor Auftreten der Symptome bei einem Infizierten.
Egal welcher Impfstoff – er könnte nur einmal nötig sein
Wie der Impfstoff entwickelt wird, ist dabei zweitrangig. Von der Stabilität des Virus kann sowohl die klassische Impfung mit Teilen eines Virus oder abgeschwächte beziehungsweise abgetötete Erreger profitieren oder das neue Konzept, nach dem nur der Bauplan für wichtige Virusbestandteile in den Körper gebracht wird und das eigene Immunsystem gegen den Erreger aktiviert wird.
Auch auf die Geschwindigkeit der Impfstoffentwicklung hat die Erkenntnis zur Coronavirus-Stabilität keinen Einfluss. Es wird mindestens ein Jahr bis 18 Monate dauern, bis eine der Substanzen verfügbar sein wird, die derzeit in der Entwicklung sind.
Die Virologen Stanley Perlman von der University of Iowa und Benjamin Neuman von der Texas A & M University in Texarkana, bestätigten gegenüber der Washington Post, dass das Virus relativ stabil zu sein scheint. Benjamin Neuman sagte: „Bisher haben wir nur einen Stamm für alle, allerdings einen ziemlich üblen. Falls das Virus in einem Jahr noch da ist, könnten wir aber eine gewisse Vielfalt haben.“
Neuman stellt das stabile Virus, das Covid-19 auslöst, der notorisch flüchtigen Influenza gegenüber: „Grippeviren haben einen Trick, den Coronaviren nicht haben: Ihr Genom ist in mehrere Segmente unterteilt, von denen jedes für ein Gen kodiert. Wenn sich zwei Grippeviren in derselben Zelle befinden, können sie einige Segmente austauschen und sofort eine neue Kombination bilden. So ist die Schweinegrippe zustande gekommen.“
Stabiles Coronavirus hat keine unterschiedlich tödlichen Stämme
Die relative Stabilität des neuen Coronavirus hat neben der Hoffnung auf eine dauerhaft wirkende Impfung noch einen zweiten Vorteil: Es hat bei seinem Zug durch die Menschheit keine unterschiedlich gefährlichen oder besonders tödliche Stämme entwickelt.
Bei Viren ist es immer möglich, dass eine kleine Mutation dramatische Auswirkungen auf ein Krankheitsgeschehen haben kann. Es gebe jedoch keine Anzeichen dafür, dass dies mit dem neuartigen Coronavirus geschieht, sagen die Virologen Perlman und Neuman.
So sei etwa für die dramatischen Sterblichkeitsraten in Italien kein besonders gefährlicher Sars-CoV-2-Stamm verantwortlich, sondern äußere Faktoren: eine alte Bevölkerung, überforderte Krankenhäuser, der Mangel an Beatmungsgeräten und die daraus resultierende Rationierung der lebensrettenden Versorgung.
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