Mein liebes Tagebuch

Endlich mehr Freiheit beim Botendienst – und schon sieht darin so mancher Standespolitiker und Pharmazierat den Untergang der Pharmazie und die Präsenz-Apotheken in den Grundfesten erschüttert. Hauptsache wir haben kalibrierte webbasierte Datenlogger im Kühlschrank. Freuen wir uns auf modern ausgebildete PTAs, der PTA-Reform sei Dank – nach 2023. Und auf patientorientiert ausgebildete Pharmazeuten, einer novellierten Approbationsordnung sei Dank – wann sie kommt, steht noch in den Sternen, aber der erste Schritt ist gemacht. Und zum E-Rezept: Die Modellprojekte laufen, der Apothekerverband macht sein Ding – und was ist mit dem Makelverbot? Welches Makelverbot? 

11. November 2019

Das E-Rezept und die offene Frage: Wie geht es mit dem Makelverbot weiter? Die Politik sieht ein Makelverbot zwar vor, das im Rahmen des Apotheken-Stärkungsgesetzes geregelt werden soll – aber das steckt zurzeit fest, weil die EU-Kommission noch prüfen muss, ob es EU-konform ist: Darf das Boni-Verbot über unser bundesdeutsches Sozialgesetzbuch geregelt werden? Dumm gelaufen, mein liebes Tagebuch, insgeheim hatten wir noch die Hoffnung, dass der Passus mit dem Makelverbot und ebenso unsere Honorierung des E-Medikationsplans ins Digitale Versorgung Gesetz übernommen wird, aber daraus wurde nichts. Und jetzt wird schon spekuliert, ob die Politik überhaupt zum Makelverbot steht, denn ganz so eindeutig äußert sie sich nicht dazu. Und wie sieht’s eigentlich mit dem Honorar für den E-Medikationsplan aus? Um dieses Thema ist es gar sehr, sehr ruhig geworden. Der Landespolitiker Sebastian Ehlers, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, sieht da „einigen Dissens“ zwischen der CDU und den Apothekern, wie er auf dem Apothekertag in seinem Bundesland durchblicken ließ. Auf diesem Apothekertag war auch das E-Rezept ein beherrschendes Thema. Interessante Aussage von Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein und Digitalexperte in der ABDA: Alle zurzeit laufenden Modellprojekte zum E-Rezept sind Theorie, weil, ja weil die Gematik erst im Frühjahr die Details für das E-Rezept spezifizieren werde. Mein liebes Tagebuch, stimmt, aber sind dann alle derzeit laufenden Modellprojekte (es sind ingesamt über 50!) zum E-Rezept für die Katz? Na ja, so kann man’s sicher nicht sagen – man sammelt Erfahrung mit dem Procedere, mit der Technik, aber ob das alles mit der Bibel der Gematik konform ist, wird man sehen. Wird spannend, vor allem auch die Frage, ob es wirklich auf die „One-and-only-Plattform“ des Deutschen Apothekerverbands hinauslaufen wird oder auf eine Vielfalt von Apps.

 

Der Botendienst, der Botendienst, mein liebes Tagebuch, des einen Leid, des andern Freud. Es gibt ja Apothekers, die sehen im Botendienst nur Kosten. Und andere setzen den Botendienst als tollen Kundenservice ein, mit dem sie bei ihren Kunden punkten können. Der neuen Verordnung sei Dank: Der Botendienst ist nun ganz offiziell endlich nicht mehr nur auf den ominösen Einzelfall beschränkt (was, seien wir ehrlich, schon von vielen Apotheken zuvor nicht mehr wirklich so gehandhabt wurde), nein, man darf dem Kunden aktiv anbieten, seine z. B. telefonisch bestellten Arzneimittel per Boten nach Hause zu bringen. Am gleichen Tag. Und damit ist man besser als jeder Versender. In Zeiten, in denen uns der Versandhandel auf den Fersen ist und auf Rx-Kundenfang geht, hat man nun endlich ein Instrument, um den Versender Paroli bieten zu können. Mein liebes Tagebuch, das hat doch was! Hat es nicht, warnt Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke. Für sie „kann der Botendienst immer nur zweite Wahl sein, First Class ist der direkte Kontakt Patient-Apotheker“. Mein liebes Tagebuch, klar, man kann auch im Botendienst den Untergang der Pharmazie sehen. Aber seien wir doch mal ehrlich, die Zeiten ändern sich, die Kunden haben in Zeiten des Online-Handels andere Erwartungen. O.k., ein direkter Kontakt von Patient/Kunde und Apotheker in der Offizin, ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist das Höchste, das Schönste, das Beste. Aber es gibt heute eben auch Situationen und Umstände, in denen eine – im Übrigen äußerst diskrete! – Beratung per Telefon, eine Beratung durch die PTA bei der Zustellung an der Haustür auch große Pharmazie ist. Ehrlich gesagt, ich habe da keine Sorge, dass bei den allermeisten Apotheken der Botendienst zum Normalfall wird – schon aus Kostengründen nicht. Und liegt es nicht an uns selbst, dass wir den Besuch bei uns in der Apotheke so attraktiv machen, dass der Kunde immer wieder gerne unsere Offizin besucht? Na also, wer hat da noch Angst vor Botendienst?

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