Gefährliche Nebenwirkungen: Einsatz weit verbreiteter Antibiotika massiv beschränkt

Ärzte sollen die weit verbreitete Antibiotikagruppe der Fluorchinolone wegen schwerer Nebenwirkungen nur noch stark eingeschränkt verschreiben. Das teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am Montag mit.

Eigentlich zählen Fluorchinolone zu den sogenannten Reserveantibiotika. Das bedeutet, sie sollten nur dann zum Einsatz kommen, wenn kein anderes Antibiotikum wirkt. Doch Ärzte verschreiben Fluorchinolone weitaus häufiger. Laut Wissenschaftlichem Institut der AOK waren im Jahr 2015 knapp sechs Millionen Packungen mit fluorchinolonhaltigen Antibiotika verordnet worden. Laut einer Untersuchung der Universität Bremen erhalten 50 Prozent aller Frauen, die wegen einer harmlosen Blasenentzündung zum Arzt gehen, ein Rezept für Fluorchinolone.

Ciprofloxacin

Norfloxacin

Ofloxacin

Levofloxacin

Moxifloxacin

Patienten berichten vereinzelt von starken Beschwerden

Das BfArM betonte nun: Die Medikamente sollen nach Möglichkeit nicht mehr bei "leichten und mittelschweren Infektionen" eingesetzt werden sowie "bei Infektionen, die auch ohne Behandlung abklingen oder die nicht schwerwiegend sind sowie bei nicht-bakteriellen Infektionen".

Der Grund: Fluorchinolone können in sehr seltenen Fällen schwerste Nebenwirkungen hervorrufen. Davon berichteten Patienten 2018 in einer Sendung von "Stern TV": Sie führten Beschwerden wie Muskelschwäche, Sehstörungen, Panikattacken und Zahnausfall auf die Einnahme von Fluorchinolonen zurück. "Ich sitze seitdem im Rollstuhl", sagte ein Patient, der Levofloxacin eingenommen hatte – eines von fünf in Deutschland zugelassenen Fluorchinolonen.

Experten warnen vor möglichen Schäden durch Fluorchinolonen

"Bestimmte schwerwiegende Nebenwirkungen von Fluorchinolonen können lang anhalten, die Lebensqualität beeinträchtigen und sind möglicherweise irreversibel", schreibt das BfArM. Betroffen seien vor allem Sehnen, Muskeln, Gelenke und das Nervensystem.

Beim ersten Anzeichen einer dieser schwerwiegenden Nebenwirkungen solle die Behandlung beendet werden, rät das BfArM. Sollte Ihnen ein Arzt Fluorchinolone verschreiben, fragen Sie direkt nach Alternativen und lassen Sie sich über alle Risiken des Medikaments aufklären.

Beipackzettel klärt über mögliche Nebenwirkungen von Antibiotika  auf

Nebenwirkungen kann so gut wie jedes Medikament hervorrufen. Hersteller müssen darüber im Beipackzettel aufklären. Ein Geheimnis ist es daher nicht, dass Fluorchinolone in wenigen Fällen starke Beschwerden verursachen können. Laut Packungsbeilage kann etwa "Cipro – 1 A-Pharma 250mg" bei einem von Tausend Patienten unter anderem zu folgenden Beeinträchtigungen führen:

  • Angstzustände, Depressionen
  • Zittern, Krampfanfälle, Schwindel
  • Sehstörungen
  • Herzjagen (Tachykardie)
  • Leberfunktionsstörung, Leberentzündung
  • Muskelschmerzen, Krämpfe
  • Nierenversagen

Doch die wenigsten Patienten lesen den Beipackzettel. Um auf die starken Nebenwirkungen hinzuweisen, tragen Fluorchinolone in den USA deshalb zusätzlich ein sogenanntes "Black Box Warning". Dabei handelt es sich um einen schwarz umrandeten Kasten auf der Verpackung, der vor besonders schweren, möglicherweise dauerhaften Nebenwirkungen warnt. Es ist in den USA die stärkste Form des Warnhinweises auf Medikamenten.

"Fluorchinolone sind eine wichtige Behandlungsoption"

Das BfArM stellte aber auch klar: "Fluorchinolone sind eine wichtige Behandlungsoption gegen verschiedene Infektionserkrankungen, darunter einige lebensbedrohliche, bei denen andere Antibiotika nicht ausreichend wirksam sind." Sofern Ärzte Nutzen und Risiko für jeden einzelnen Patienten intensiv abwägen, können Fluorchinolone auch weiterhin verschrieben werden.

1. Wenden Sie Antibiotika ausschließlich nach ärztlicher Verordnung an.

2. Nehmen Sie Antibiotika immer so lange und in der Dosierung ein, wie vom Arzt vorgesehen. Beenden Sie die Behandlung nicht vorzeitig, auch wenn es Ihnen schon besser geht.

3. Fragen Sie Ihren Apotheker, was Sie bei der Einnahme der Antibiotika beachten müssen, z. B. Wechselwirkungen mit Lebensmitteln.

4. Heben Sie keine Reste von Antibiotika auf, um sie bei der nächsten Infektion einzunehmen.

5. Geben Sie Antibiotika, die der Arzt Ihnen verordnet hat, nicht an andere Patienten weiter.

6. Entsorgen Sie Antibiotika nicht über die Toilette oder das Waschbecken, sondern über den Hausmüll. So werden sie rückstandslos verbrannt. Die Entsorgung von Antibiotika über das Abwasser verbreitet die Substanzen in die Umwelt und fördert so die Entstehung von Resistenzen.

7. Vermeiden Sie Infektionen soweit wie möglich. Oft reichen schon einfache Hygienemaßnahmen.

Quelle: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände


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