Die kritischen Minuten überwinden

Genussvoll essen, Gewicht haltenDie kritischen Minuten überwinden

SPIEGEL WISSEN hat ein neunwöchiges Genuss-Coaching entwickelt, mit dem Sie lernen können, genussvoller zu essen und gleichzeitig Ihr Gewicht zu halten. Dies ist der siebte Teil. Die anderen Teile finden Sie hier.

Die Lust auf etwas Süßes oder Salziges außerhalb der Mahlzeiten kann unerträglich stark sein. Viele Menschen klagen darüber, dass sie das fast süchtige Verlangen nicht im Griff haben. Der Grund dafür sind oft neuropsychologische Mechanismen: Zuckerkonsum führt dazu, dass Glückshormone wie Dopamin und Endorphine ausgeschüttet werden. An andere Snacks gewöhnt sich das Gehirn oft ebenfalls mit der Zeit und giert nach ihnen.

Doch so stark das Verlangen auch in dem Moment sein mag: Es klingt schnell wieder ab. Oft hält es nicht mal zwei bis drei Minuten. Wer sich über diese Zeit „hinweghangelt“, hat es meist schon geschafft – und wird außerdem feststellen, dass das Verlangen am nächsten Tag oder in der nächsten Situation schon nicht mehr so stark ist.

Die Frage ist also: Wie kommt man durch die kritischen Minuten?

Die US-amerikanische Psychologin Susan Albers, die mehrere Bücher über achtsames Essen geschrieben hat, rät in solchen Situationen, einfach etwas anderes Schönes und Befriedigendes zu tun. Was das sein könnte, hat man allerdings oft nicht unbedingt parat. Deshalb ist es hilfreich, sich einige Alternativen zu überlegen. Dazu nun folgende Übung:

Spickzettel der schönen Sachen

Nehmen Sie sich Zettel und Stift und schreiben Sie zehn Dinge auf, die Sie gerne tun oder gerne mögen und die nichts mit Essen zu tun haben. Es kann ein Hobby sein, ein Sport, Wellness zu Hause oder im Spa, Musik, ein Treffen oder Telefonat mit Freunden, Besuch bei den Nachbarn, ein bestimmter Gegenstand, der Ihnen etwas bedeutet, eine TV-Serie, ein Fachgebiet wie „die alten Römer“ oder „Autos“. Schreiben Sie die Liste einfach runter. Nun folgen zwei Schritte.

1. Suchen Sie sich einen dieser Punkte heraus und beschäftigen Sie sich in dieser Woche eine Stunde damit – einfach so. Blättern Sie ein Buch über das durch, was Sie interessiert, gönnen Sie sich eine Yoga-Einheit zu Hause, gehen Sie in die Sauna oder machen Sie einen Waldspaziergang, telefonieren Sie ausführlich mit einem Freund oder einer Freundin.

2. Wählen Sie mit Blick auf die Liste der Dinge, die Sie gern tun fünf Punkte aus, die Sie sofort machen können, wenn der Heißhunger kommt: Wollen Sie eine Entspannungsübung machen, eine Freundin anrufen, ein Bad nehmen, einen Knopf annähen oder eine Folge Ihrer Lieblingsserie anschauen? Stellen Sie sich eine Art Notfall-Liste mit Alternativen zusammen. Es wirkt oft im ersten Moment künstlich, wenn man statt zum Süßigkeitenschrank zu gehen mit einer Yogaübung anfängt – das Entscheidende ist aber, dass man so über die wenigen Minuten Heißhunger hinwegkommt. Variieren Sie Ihr Verhalten, probieren Sie aus, was funktioniert. Aber fangen Sie sofort damit an, wenn Sie merken, dass der Heißhunger Sie überfällt. Auf Dauer wird der Stellenwert des Snackens dadurch kleiner.

Wichtig: Hobbys, Freunde, Interessen, Sport, Kultur oder Handwerken machen Menschen ein „gutes Gefühl“. Wer sehr aufs Essen fixiert ist und zu emotionalem Essen bei Frust, Ärger oder Traurigkeit neigt, hat oft einfach vergessen, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt, um sich froh und zufrieden zu fühlen. Wer aber ein bisschen drüber nachdenkt, dem fallen viele Aktivitäten oder Themen ein, die ebenfalls Freude machen. Kultivieren Sie unbedingt ein paar solcher Interessen und Tätigkeiten – sie stabilisieren das Vorhaben, genussvoll und gleichzeig in einem gesunden Maß zu essen.

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